Etwa 62.000 Münchner wurden hier begraben – der letzte vor etwa einem 3/4 Jahrhundert.
Vielleicht liegt es daran, dass der Alte Nördliche Friedhof heute stellenweise mehr an einen Park als an einen Gottesacker erinnert: Jogger und spielende Kinder (wohl auch bedingt durch den sich innerhalb der Friedhofsmauern befindlichen Spielplatz) gehören zum Alltag, sich auf Decken zwischen den Gräbern niederzulassen ist ausdrücklich erlaubt.
Dass der Alte Nördliche Friedhof einmal einen solchen Freizeitwert bekommt, hätte bei seiner Gründung niemand gedacht: 1869 befürchtete man vielmehr, dass der Bau an der Grenze des Neubauviertels Maxvorstadt Grundwasser und Brunnen verunreinigen und zur Entvölkerung beitragen würde.
Diese Bedenken erwiesen sich zum Glück bald als unbegründet – das Bestehen des Alten Nördlichen Friedhofs war aber auch später nicht gesichert: So hatte Hitler Pläne, den Gottesacker zugunsten einer Verbindung der Luisen- und Isabellastraße aufzugeben – und sich ganz nebenbei auf dem Gelände auch einen Altersruhesitz zu schaffen. Zu diesem Zwecke ließ er erst zuerst die Ruhefrist heruntersetzen und den Friedhof ab 1939 sogar für weitere Beerdigungen sperren.
Mit dem 2. Weltkrieg war diese Lösung vorerst vom Tisch, durch den Bombenhagel waren jedoch zahlreiche Gräber zerstört. Der Bestattungsbetrieb wurde auch in der Folge nicht wieder aufgenommen und vor allem in den 50ern – hier kam die Idee der Verbindungsstraße wieder auf – wurden zahlreiche baufällige und ungepflegte Gräber entfernt.
Allen Widrigkeiten zum Trotz blieb der Friedhof bestehen, auch wenn von den etwa 800 verbliebenen Grabstätten heute viele keinen eigenen Grabstein mehr haben.
Bei einem Spaziergang über den Friedhof lassen sich dennoch spannende Grabstätten entdecken:
So das Grabmal von Wilhelm Bauer, der das erste U-Boot erfand und baute und im Starnberger See den ersten Unterwasser-Scharfschuss abfeuerte.
Nicht weit davon entfernt, befindet sich das Grabmal von Hermann Lingg, der sich – von König Max II. finanziell unterstützt – geschichtlichen und poetischen Studien widmete. Sein Gedicht „Das Krokodil zu Singapur“ gab dem Münchner Dichterkreis „Die Krokodile“ seinen Namen.
Auf dem Friedhof ist auch Lucile Grahn-Young beerdigt, die zu den berühmtesten Primaballerinen des 19. Jahrhunderts zählt.
…sowie der Lyriker und Spaßvogel August Gemming, ein Münchner Original. Dieser wettete beispielsweise, dass er unbehelligt nackt durch die Straßen reiten könnte – und gewann mit Hilfe einer auf den Körper gemalten Uniform.
Der Bildhauer Michael Wagmüller erschuf seine eigene Grabskulptur – für die er ganz nebenbei bei der Weltausstellung 1878 in Paris mit dem Kreuz der französischen Ehrenlegion ausgezeichnet wurde.
Leben und Tod sind auf dem Alten Nördlichen Friedhof nahe zusammen: Auf dem Gelände der ehemaligen Aussegnungshalle befindet sich heute ein Kinderspielplatz. Trotzdem bitte daran denken: Geburtstagsfeiern auf dem Friedhof sind tabu – dafür dann doch lieber das angrenzende Gebäude der Arbeiterwohlfahrt anmieten.
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