Am 24. März gab es wieder einen Munich Greeter Spaziergang. Ziel war diesmal die Maxvorstadt – ein gar noch nicht so altes Viertel, gemessen daran, dass München ja bereits 1158 erstmals urkundlich erwähnt wurde. Die Maxvorstadt dagegen wurde erst ab 1808 unter dem ersten bayerischen König Maximilian I. Joseph geplant. Zwischen Odeonsplatz und Stachus, dem Englischen Garten und Schwabing gibt es dort viel (Kunst-)Geschichte, gemütliche Kneipen und Cafes zu sehen. Startpunkt der Tour war …
…the Old Botanical Garden
1812 eröffnet, wurde hier 1854 im Auftrag von Max II. der Glaspalast für die erste „Allgemeine deutsche Industrieausstellung“ errichtet. Danach sollte er eigentlich abgerissen werden – was aber schlichtweg zu teuer war. So wurde das Gebäude eben anderweitig genutzt: Zu Beginn unter anderem für Militärübungen, später vor allem für Ausstellungen. So auch 1931, als der Glaspalast komplett ausbrannte – und die Mehrheit der darin ausgestellten Gemälde schwer beschädigt wurde. Wiederaufbauplänen kam die Machtergreifung Hitlers in die Quere. Ihm „verdanken“ wir den Alten Botanischen Garten, wie wir ihn heute kennen; Park Café, Neptunbrunnen und Kunstpavillon wurden in seinem Auftrag errichtet.
„Alt“ ist der Alte Botanische Garten übrigens seit 1912 – da wurde nämlich der Neue Botanische Garten bei Schloss Nymphenburg eröffnet.
Lenbach-Gärten: Exklusive Neubau-Wohnungen
Ein paar Schritte vom Alten Botanischen Garten entfernt, unweit des Hauptbahnhofs mit seinem schmuddeligen Multikulti-Ambiente, findet sich ein Neubaugebiet mit absoluten Luxus-Wohnungen für 4.000-10.000 Euro Monatsmiete: die „Lenbach Gärten“.
Wer sich in eine der Penthouse-Wohnungen einkauft, braucht nicht mehr selbst in den Supermarkt oder zur Apotheke gehen. Das Mittagsmahl lässt man sich hier schon mal vom Butler des 5-Sterne-Hotels nebenan bringen.
Kirche St. Bonifaz: Grabstätte Ludwigs I.
Gleich gegenüber des Nobel-Quartiers liegt die Kirche St. Bonifaz mit der Grabstätte Ludwigs I. und dem Grab seiner Frau. Pikantes Detail: Die Gute war evangelisch – schlechte Voraussetzung, um neben einem bayerischen und natürlich katholischen König beerdigt zu werden.
Doch die Münchner finden für derartige Probleme immer eine gute Lösung. Für Therese sollte es ein Platz in der Gruft unterhalb des Königsgrabes werden. Erst vor ein paar Jahren hatte man Erbarmen und hat ihr eine Art Wandpaneelengrab errichtet, in dem sie schließlich beigesetzt wurde.
Königsplatz und Propyläen: Ein bisschen Griechenland in Bayern
Von der Kirche St. Bonifaz sind es nur ein paar Schritte bis zum Königsplatz. Die Abkürzung führt durch die U-Bahn-Haltestelle, die fast ein kleines Museum ist: In dekorativen Schaukästen stehen wundervolle Skulpturen. Ursprünglich waren diese Figuren Teil der Propyläen, des Torbogens in der Mitte des Königsplatzes. Doch da sie nicht ganz wetterfest waren, hat man sie in den warmen U-Bahnhof umgebettet. Die Figuren am Torbogen sind nur noch Repliken.
Die Propyläen, die Ludwig I. als Zeichen der engen Verbundenheit zwischen Griechenland und Bayern errichten ließ, wurden 1862 eingeweiht. Noch im selben Jahr wurde Otto I., der erste und einzige griechisch-bayerische König, gestürzt.
Lenbachhaus: Erweiterungsbau im Ikea-Stil
Eines der wichtigsten, beliebtesten und schönsten Gebäude in der Maxvorstadt ist das Lenbachhaus mit seinen berühmten Ausstellungen. Da das Haus aus allen Nähten platzt, wurde ein Erweiterungsbau beschlossen und genehmigt. Gefördert wurde der Bau auch durch den Energiekonzern Eon, der sein Hauptquartier (noch) direkt neben dem Neubau hat. Doch da der Eon-Chef sich durch den Neubau nicht die Sicht auf den Königsplatz verdecken lassen wollte, musste das Gebäude auf sein Intervenieren hin schlicht kürzer gebaut werden als geplant. Befohlen, getan. Und der Clue der Geschichte: Eon hat kurz darauf seinen Hauptsitz nach Düsseldorf verlegt, wo der Eon-Chef ein neues Büro beziehen wird – weit weg vom Lenbachhaus.
Türkentor: Überrest der Türkenkaserne und Ausstellungsfläche
Durch das Museumsareal ging es weiter zum Türkentor, dem letzten Überrest der Türkenkaserne. Diese beherbergte von 1824 bis 1918 das Königlich Bayerische Infanterie-Leibregiment und nahm den gesamten Platz zwischen Türken- , Theresien-, Barer, und Gabelsbergerstraße ein. Eigentlich war sie noch größer geplant – Ludwig I. stoppte allerdings den Ausbau, um den Blick auf die Alte Pinakothek nicht zu verdecken. Heute befinden sich auf dem Gelände der ehemaligen Türkenkaserne die Pinakothek der Moderne, das Museum Brandhorst, das Museum „Reich der Kristalle“ und Gebäude der Ludwig-Maximilians-Universität.
Seit 2010 wird das Türkentor von der Pinakothek der Moderne und dem Museum Brandhorst als gemeinsame Ausstellungsfläche genutzt. Die Installation „Large Red Sphere“ kann kostenlos besichtigt werden.
Die Namen Türkenkaserne und Türkenstraße lassen sich übrigens auf die Zeit von Kurfürst Max Emanuel zurückführen: Der hatte den Wunsch, alle seine Schlösser auf dem Wasserwege erreichen zu können. So wurde Anfang des 18. Jahrhunderts begonnen, einen Kanal von der Residenz zu Schloss Nymphenburg zu graben. Dabei sollen auch türkische Arbeitskräfte beteiligt gewesen sein, weshalb der Kanal später als „Türkengraben“ bekannt wurde. Der Kanal wurde nie in Betrieb genommen und schließlich wieder zugeschüttet – nur der Name hat bleibende Spuren hinterlassen.
Alter Simpl: Treffpunkt der „Schwabinger Bohème“
Und weil so viel Kultur richtig Hunger macht, sind wir am Ende des Spaziergangs im Alten Simpl eingekehrt. Der Alte Simpl war vor gut 100 Jahren eine der vielen Stammkneipen der „Schwabinger Bohème“, wo freier Geist und große Armut zusammentrafen. Im Alten Simpl konnte man daher anschreiben lassen und auch mal mit einem Gedicht bezahlen. Ludwig Thoma, Oskar Maria Graf, Franz Marc und Franziska von Reventlow verbrachten hier ausschweifende Abende.
Joachim Ringelnatz schrieb: „Und mich zieht’s mit Geisterhänden, ob ich will, ob nicht, ich muss, nach den bildgeschmückten Wänden, in den Simplicissimus.“
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