Um frische Luft zu schnappen und sich nach einem deftigen Essen ordentlich die Füße zu vertreten, steuern viele den Englischen Garten an oder spazieren an der Isar entlang. An schönen Tagen herrscht daher hier wie dort entsprechend viel Betrieb. Für stillere Spaziergänge gibt es eine Alternative – die Münchner Friedhöfe. Manche sind weitläufig, andere klein. Parkartig oder mit strengen Grabreihen. Mit mehr oder weniger prominenten „Bewohnern“, deren Gräber von der Geschichte Münchens erzählen. Heute: Der Alte Südfriedhof
Wien hat einen Zentralfriedhof, München auch. Er heißt nur anders. Der „Alte Südfriedhof“ ist der älteste noch erhaltene Münchner Zentralfriedhof. Südlich des Sendlinger Tors erstreckt er sich im Dreieck zwischen Thalkirchner Straße, Pestalozzi- und Kapuzinerstraße. Sein Grundriss hat die Form eines Sarkophags. Der Alte Südfriedhof war 80 Jahre lang (1788 – 1868) die allgemeine Begräbnisstätte für die Toten aus dem gesamten Stadtgebiet, weshalb hier die Gräber einer ganzen Reihe prominenter Münchner zu finden sind.
Betritt man den Friedhof von der Kapuzinerstraße aus, weicht der Verkehrslärm der Stille. Mächtige rote Ziegelmauern, über und über mit Efeu bewachsen, schirmen das Gelände ab. Hohe Bäume beugen sich über pompöse Denkmäler und verwitterte Grabsteine. Ein Eichhörnchen huscht über den Weg und rast den Baumstamm hoch. Am Kopfende des „Sarkophags“ stehe ich vor den Ruhestätten der beiden Baumeister des Klassizismus, Leo von Klenze und Friedrich von Gärtner. Konkurrenten zu Lebzeiten, liegen sie jetzt in benachbarten Gräbern. Ob die beiden nun auf einer Wolke sitzen, ihre Bauwerke betrachten und über Architektur diskutieren?
Ich wandere herum, finde die Gräber von Carl Spitzweg, Georg Ohm, Justus von Liebig, Josef von Fraunhofer. Auch Johann Conrad Develey liegt hier, das ist der mit dem süßen Senf. Die Liste der bekannten Persönlichkeiten ließe sich endlos fortsetzen, stattdessen halte ich einen Moment vor dem Denkmal der Sendlinger Mordweihnacht. An dieser Stelle sollen nach der Überlieferung mehr als 500 Tote der Bauernschlacht begraben sein. Alles Namenlose.
Über der Außenmauer hört man Autos auf der Thalkirchner Straße entlangrauschen. Noch ein kurzes Stück zum Nordeingang am Stephansplatz, dann tauche ich wieder ein in die Geschäftigkeit der Stadt. Die Müllerstraße mit vielen Lokalen ist gleich ums Eck. Zeit für einen Kaffee.
Schade, dass die Stadt München, diesen Friedhof derart verkommen lässt; das Grass wird erst im Juli gemäht, das Herbstlaub wird bis Mai liegengelassen, Grabdenkmäler verfallen weiterhin, derzeit werden immerhin 2 Grabdenkmäler im gesamten Friedhofareal restauriert, die Brunnen sind selbstverständlich ohne Wasser, die wenigen Münchner, die hier noch alte Familiengräber pflegen wollen ,bleibt nur die Hoffnung auf baldigen Regen und dass Udes Nachfolger mehr Sinn für diesen Friedhof hat, durch dessen hier Beerdigte München zu dem geworden ist, was es jetzt
darstellt .
Die Hoffnung auf „Udes Nachfolger“ wird wohl ein frommer Wunsch bleiben… Die Friedhofverwaltung untersteht dem Referat für Gesundheit und Umwelt; dessen Referent, Herr Joachim Lorenz, schützt lieber Pflanzen als Kulturdenkmäler und hat bereits bei verschiedenen Gelegenheiten bewiesen, dass ihm das Thema „Kulturdenkmal Alter Südfriedhof“ völlig fremd ist. In Verbindung mit der Leiterin der Friedhofverwaltung, Frau Pöllath-Schwarz, die Verbotsschilder für Hunde und Radfahrer entfernen läßt, ergibt sich eine – für den Alten Südfriedhof wahrhaft „unheilige“ – Allianz. Da werden Steuergelder für Selbstdarstellungsveranstaltungen und Gutachten über seltene Moose ausgegeben, die dringend für den Erhalt benötigt werden.