„München – eine Stadt in Biographien“ ist kein gewöhnlicher Reiseführer. Es ist ein Münchner Lesebuch. Auf den Spuren 20 berühmter Persönlichkeiten wie Franz Beckenbauer oder Franz von Lenbach kann man München von einer eher unbekannten Seite kennenlernen. München für Fortgeschrittene….
Wer sich auf München einstimmen will, für den ist „München – eine Stadt in Biographien“ aus der Reihe Merian Portraits eine schöne Lektüre. Die Autorin Franziska Sperr beschreibt einfühlsam und mit großen Worten das Leben von vielen bekannten Münchner Persönlichkeiten der High Society.
Echte Schönheit: Franz von Lenbach
So fiebert man gerade zu mit, wenn man das Leben von Franz von Lenbach aufschlägt: „Lenbach erntete Lob, er hatte ein großes Bild gemalt, das beflügelte ihn. Wie manisch studierte, forschte, probierte er weiter. Als hätte er gespürt, das alles noch ausbaufähig, technisch raffinierter und gestalterisch perfekter sein könnte, dass er überall in Europa von anderen lernen, abgucken, nachmalen konnte. So reiste er zu den wichtigsten Kunstmuseen (…) Er inhalierte die Gemälde. Kein Weg war ihm zu beschwerlich, wenn das Ziel ein gutes Bild war.“
Nach so einer wortgewaltigen Beschreibung möchte man doch sofort ins Lenbachhaus stürmen und sehen, was das Ergebnis von Lenbachs Recherchen war. Ich würde sagen, die Autorin hat nicht übertrieben und ein Besuch im Lenbachhaus (das am 8. Mai wiedereröffnet) zählt definitiv zu den Highlights der Münchner Museen.
Vom Kicker zum Grandseigneur: Franz Beckenbauer
Wer das moderne Leben vorzieht, widmet sich besser dem Kapitel zu Franz Josef Strauss oder Franz Beckenbauer. Der Kicker aus dem Glasscherbenviertel Giesing hat sich zum Grandseigneur entwickelt. „Es gibt keinen deutschen Fußballer, dessen Name man in der Welt, in allen Sprachen und Dialekten auszusprechen versucht. (…) Beckanbor, Beckönbur, Beckonbrr. Irgendwie kriegen es alle hin, selbst die Papuas in Neuginea. Das muss einer erst mal schaffen, der aus Obergiesing in München kommt und Versicherungskaufmann gelernt hat.“ Zur amüsanten Lektüre gesellen sich noch praktische Hinweise, wann man dem FC Bayern beim Training zusehen kann.
Die Mischung aus Biographie und Münchner Tatsachen macht es so spannend und vergnüglich, die 20 Lebensgeschichten zu lesen. Pro Kapitel gibt es zwei Bilder, die die Persönlichkeit und je einen Ort ihres Wirkens zeigen. Die Fotos sind ansprechend, doch die Textgewalt überwiegt. Wer sich gern von Bildern inspirieren lässt, sollte besser zu einem anderen München-Buch greifen.
Wandeln auf den Spuren von…. Fehlanzeige
Am Ende eines jeden Kapitels stehen zwei bis vier Orte oder Adressen, die mit der beschriebenen Persönlichkeit eng verknüpft sind. Leider liegen diese Adressen manchmal meilenweit voneinander entfernt. Man kann sich jedoch mit Hilfe der Übersichtkarte auf Seite 8 einen Stadtspaziergang zusammenstellen. Das ist jedoch insofern etwas mühselig, als dass man aus der Karte heraus die beschriebenen Stellen im Buch nur schwer findet. Auch Tipps für den MVV, um eine Route zu planen, gibt es nicht.
Einfacher ist es also, einen Greeter zu buchen und mit ihm auf den Spuren von Franz von Lenbach, Franz Beckenbauer oder vielleicht auch dem guten alten Franz Josef Strauss zu wandeln.
Fazit
Viele Infos in den Portraits sind kein Geheimwissen. Doch in jedem Text findet sich immer noch ein Detail, von dem man auch als Münchner noch nicht gehört hat. Wer also einen Greeter beeindrucken möchte, kann im Vorfeld seines München-Besuchs in den Biographien schmökern 😉
Das Buch deckt vor allem das 19.-21. Jahrhundert ab. Aber auch der Türkenschreck Max Emanuel, der der Schönheit (inbesondere der von Lola Montez) ergebene Ludwig I und Baulöwe Ludwig II sind in dem Buch verewigt. Der Leser wandelt also intellektuell durch Geschichte und Gegenwart der Stadt und auch für Münchner gibt es viel Neues zu entdecken. Als praktischer Reiseführer mit Schnäppchen-Tipps und den Top-Ausgeh-Locations eignet sich „München – eine Stadt in Biographien“ dagegen nicht.
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