Geldige Verführung: Adele Spitzeder

Neben einer Menge ehrenwerter Persönlichkeiten zog es auch so manchen Spitzbuben nach München. So auch die „Bankerin“ Adele Spitzeder. Mehr über ihre „Dachauer Bank“ erfahrt ihr hier…

Adele Spitzeder wurde 1832 in Berlin geboren als Tochter des königlich bayerischen Hofopernsängers Josef Spitzeder. Kurz nach Adeles Geburt zogen die Eltern nach München, wo ihr Vater recht bald starb und die Familie (Adele, ihre Mutter und ihre sechs Halbgeschwister) ziemlich mittellos zurückließ. Aufgrund der Unterstützung des bayerischen Königs konnte Adele dennoch teure Privatschulen besuchen.

Sie wurde Schauspielerin und trat in zahlreichen deutschen Städten auf. Doch scheint ihr das Herumreisen auf Dauer nicht gefallen zu haben und so kehrte sie nach einigen Jahren nach München zurück. Hier pflegte sie den aufwändigen und mondänen Lebensstil, von dem sie meinte, dass er zu ihr passe. Zum Beispiel nahm sie sich – statt eine Wohnung zu mieten – ein Zimmer im Gasthof „Goldener Stern“ im Tal.

Dieser teure Lebenswandel wollte finanziert sein. Daher lieh sie sich von einem Zimmermann Geld und bezahlte dafür 10 Prozent Zinsen pro Monat in bar. Weil sich das rasch herumsprach, boten ihr auch andere Handwerker Kredite an, und nach einiger Zeit legte die Arbeiterschaft der Lederfabrik in Giesing ihre gesamten Ersparnisse bei Adele Spitzeder an. Schließlich verkauften einige Bauern sogar ihre Höfe, weil sie glaubten, von dem Kapitalertrag besser als von der landwirtschaftlichen Arbeit leben zu können. 1869 gründeten Adele Spitzeder und ihre damalige Lebensgefährtin Emilie Stier an der Ecke Schönfeld-/Kaulbachstraße in München eine Bank, die wegen der vielen Anleger aus dem Dachauer Land im Volksmund „Dachauer Bank“ genannt wurde.

Von Buchführung scheinen jedoch weder Frau Spitzeder noch ihre bis zu 40 Mitarbeiter etwas verstanden zu haben. Es heißt, sie habe Säcke voller Geld einfach in der Wohnung aufbewahrt und Einzahlungen lediglich in einem Kontobuch vermerkt. Die Kritik an ihrem Geschäftsgebaren verschärfte sich. 1872 erreichten ihre Gegner, dass mehrere Dutzend Kunden ihre Einlagen kurz nacheinander abhoben. Weil die Bank diesen Aderlass nicht verkraftete, wurde sie am 19. November 1872 vom königlichen Bezirksgericht in München geschlossen. 30 000 Anleger waren von der Bankenpleite betroffen.

Adele Spitzeder selbst wurde verhaftet und im Juli 1873 wegen betrügerischen Bankrotts, fehlender Buchführung, Verschwendung und Unterschlagung von Einlagen zu drei Jahren und zehn Monaten Zuchthaus verurteilt.

Nach ihrer Freilassung ging Adele Spitzeder zunächst ins Ausland, kehrte jedoch unter dem Familiennamen ihrer Mutter nach München zurück. 1880 versuchte sie noch einmal eine Bank zu eröffnen, aber das Vorhaben wurde von den Behörden vereitelt. Um ihren Lebensunterhalt zu verdienen, komponierte Adele Vio, wie sie sich nun nannte, Salonstücke und eine Operette, trat als Sängerin auf, spielte Klavier, malte und ließ sich zu Lesungen aus ihren Memoiren einladen, bis sie im Oktober 1895 an Herzversagen starb.

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