Mitten in der Fußgängerzone, am heutigen Gebäude des Herrenausstatters Hirmer (Kaufingerstraße 28) stand einmal der schöne Turm. Er hat seinen Namen von den zahlreichen Fresken, die ihn schmückten, als er noch stand (1175 – 1807). Dieser Turm war zunächst ein einfacher Torturm, durch den die Salzstraße nach Westen führte. Nach dem Bau der äußeren Stadtmauer diente der Turm der Handelsfamilie Kaufinger als Wohnturm und wurde nach ihr benannt.
Vor dem Hirmer-Haus ist noch ein „Schatten“ des Turms sichtbar. Wenn ihr auf den Boden schaut, seht ihr farblich abgesetzte Gehwegplatten, die Grundriss und Lage des Turms nachzeichnen.
Doch mit dem schönen Turm ist auch eine düstere Sage verknüpft, an die eine Statue am Hauseck Kaufinger-/Augustinerstraße erinnert:
Einst soll dort ein braver Goldschmied seine Werkstatt gehabt haben. Eines Tages erhielt er von einem Edelmann den Auftrag, ein wertvolles Schmuckstück nachzumachen. Der Goldschmied war ein sehr sorgsamer Mensch und sperrte immer den Turm und seine Werkstatt ab, damit nichts gestohlen werden konnte. Es war aber Sommerzeit. Deshalb öffnete der Goldschmied sein oberes Fenster, hatte das Geschmeide dort vor sich liegen und arbeitete am neuen. Als er da eines Tages von der Mahlzeit in die Werkstatt zurückkam, sah er mit Schrecken, dass das Schmuckstück verschwunden war. Verzweifelt lief er zu dem vornehmen Herrn und berichtete sein Unglück. Dem kam die Sache spanisch vor und so brachte er den Goldschmied vor Gericht. Weil sich nun erwies, dass die Türe an der Werkstatt nicht aufgebrochen worden war und auch sonst niemand von der Gasse aus oder von oben zu dem Schmuck gelangen konnte, nahmen die Richter sofort an, er habe das Gut verborgen. Der Goldschmied mochte beteuern und beschwören, was er wollte, er wurde für schuldig erklärt und zum Tode verurteilt.
Als er unter dem Geläut einer kleinen Glocke, die er selbst in früherer Zeit verfertigt hatte, zum Henkersplatz geführt wurde, sah er hoch und sagte: „Meine Stimme verhallt und kein Mensch glaubt mir. So wahr aber jedweder meines Glöckleins Klang vernimmt, so sicher kommt meine Unschuld noch ans Licht. Dann ist’s aber für euch zu spät!“
Einige Zeit nach der Hinrichtung musste der schöne Turm repariert werden. Als nun ein Handwerker am Dacherker die Kelle schwang, flog eine Dohle aus dem Erkerfenster. Der Handwerker dachte sich: „Die hast du aufgescheucht, und da drin hat sie ihr Nest!“ Als er aber genauer hinschaute, sah er etwas glitzern. Was war es? Das verschwundene Geschmeide des gehenkten Goldschmieds!
Die Dohle war beim Goldschmied durchs Fenster geflogen und hatte, des Glanzes wegen, das Kleinod entführt – wofür der Goldschmied unschuldig sein Leben lassen musste.
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